Donnerstag, 15. Mai 2014

Familienzuwachs mal anders

Nachdem unser Böhnchen geboren war, brach ein neues Kapitel in unserem Leben an.
Wir waren jetzt kein Paar mehr. Wir wurden zur Familie.
Ich kann mich noch gut an den Satz einer Freundin erinnern, die zu mir in der Schwangerschaft folgenden Satz sagte:" Na hoffentlich könnt ihr damit umgehen. Die Erwartungen an ein Kind, für das man so viel tun musste, sind hoch!" Mich kränkte dieser Satz, hatte ich doch fest beschlossen, Böhnchen so unbefangen wie möglich aufzuziehen. Und doch rief ich ihn mir ab und an ins Gedächtnis, wenn ich Gefahr lief, das Kind zu sehr zu stilisieren.
Auch das mag dazu geführt haben, dass ich ganz schnell ein Geschwisterkind wollte. Der Haken war jedoch, dass wir ja noch immer auf natürlichem Wege kein Kind bekommen konnten. Und nochmal die ganze ärztliche Prozedur durchzustehen, kam für uns nicht in Frage. Den Ausweg aus der Zwickmühle zeigte uns ausgerechnet "Söhnchen Nr. 1", Poldi.
Durch meine täglichen Spaziergänge mit ihm und Böhnchen hatten wir regen Kontakt mit anderen Hundebesitzern. Darunter war auch ein älteres Paar, das plötzlich mit einem Kinderwagen Gassi ging.  Meine neugierige Frage, ob das ihr Enkelkind sei, wurde mit einem herzhaften Lachen beantwortet. Das Baby im Kinderwagen sei ein Pflegekind, was sie nach seiner Herausnahme aus der Familie vorübergehend bei sich aufgenommen hätten, erklärten sie geduldig. Ich wurde hellhörig und betrachtete die niedliche kleine Maus mit dem runden Gesicht und den großen Kulleraugen nachdenklich. Ein Pflegekind aufnehmen....auf diese Idee war ich in den ganzen Jahren nicht einmal gekommen. Ich informierte mich ausgiebig über die Thematik und überredete meinen Mann, eine Bewerbung als Pflegeeltern beim Jugendamt abzugeben. Mir war nicht bewusst, wie händeringend Eltern gesucht werden, die Kinder, die nicht zur Adoption freigegeben, aber auch nicht nach Hause können, bei sich aufnehmen. Allein in Berlin gibt es 700 Pflegekinder, die eine neue Familie suchen.
Unsere Überprüfung und Schulung durch das Jugendamt dauerte ein knappes Jahr. In der Zeit trafen wir uns sehr häufig mit dem älteren Paar, die als Krisenpflegeeltern noch immer die kleine Maus bei sich hatten. Sie sollte eigentlich wieder in ihre Herkunftsfamilie zurück, doch die Zustände dort waren katastrophal. Ich wagte den Vorstoß und sagte dem Jugendamt, dass wir genau diese kleine  Maus zur Dauerpflege bei uns aufnehmen wollten. Zuerst sagte man uns, das ginge nicht, da noch Gerichtsentscheide ausstehen würden.
Doch dann, als die Maus 13 Monate alt wurde, stimmte man überraschend unserer Bitte zu. Von da an ging alles sehr schnell. Durch den Umstand, dass wir mit ihren Krisenpflegeeltern eng im Konatkt standen, kannte sie uns schon sehr gut und hatte oft mit ihrer zukünftigen Schwester gespielt. Es war einfach ideal. Das ältere Paar blieb uns auch nach der Übergabe in unsere Familie bis heute erhalten. Dieses Mal als Oma und Opa. Für beide Mädels. Für sie war die Maus ihr letztes Pflegekind gewesen.
Die erste Zeit war kein Zuckerschlecken. Die Maus weinte und schrie nachts, hatte Probleme, in die neue Familie hineinzuwachsen. Egal wie sanft wir den Übergang gestaltet hatten, ein Abbruch blieb ein Abbruch und war traumatisch. Ich weiß nicht mehr, wie viele Nächte einer von uns an ihrem Bett verbracht hatte, wenn die kleine Kinderseele litt. Es belastete uns alle. Und doch wurde der Zusammenhalt von Tag zu Tag stärker. Auch unsere leibliche Tochter, die nur 5 Monate älter ist, hatte damit zu kämpfen. Umso schöner waren die Momente, wenn wir mit Ihnen mit dem Zwillingskinderwagen unterwegs waren und sich jeder an den süßen "Zwillingen" erfreute. Ich machte mir gar nicht erst die Mühe, alle diese Leite aufzuklären. Im Gegenteil, es freute nicht, dass sie so wahrgenommen wurden.
Tja, das war die Geschichte, wie Kind Nr. 2 zu uns gelangt ist und aus einer Tochter  nach anderthalb Jahren ein "Zwillingspaar" wurde.
Beim nächstem Mal berichte ich, wie wir "an Kind Nr. 3 kamen", unser Glück kaum fassen konnten und doch tief stürzten....

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